Hat KI auch kriminelle Energie?
Künstliche Intelligenz wird unsere Gesellschaft verändern und hat es auch schon getan. Programme wie Chat GPT und ähnliche zeigen jetzt schon Einfluss auf Arbeit und Medien. In einer gemeinsamen Pressekonferenz zeigten das Bundeskriminalamt, das Kuratorium für Verkehrssicherheit (KFV) und der KI-Experte Sven Kurras, welche Täuschungsmanöver mittels KI bereits jetzt möglich sind.
KI – künstliche Intelligenz – ist, so wie jedes Werkzeug, neutral. Sie kann enorm hilfreich sein – aber genauso kann sie auch missbraucht werden. Dank KI können nicht nur Texte verfasst oder Bilder generiert werden, auch der Betrug im Internet wird dadurch einfacher. Der Einsatz von KI spielt derzeit im Bereich Internetkriminalität zwar noch eine untergeordnete Rolle, aber die Entwicklung schreitet enorm voran. Bereits jetzt können Gesichter, Stimmen, Videos und sogar ganze Dialoge künstlich erzeugt werden, wobei diese aber derzeit teilweise noch fehlerbehaftet sind. Doch die Technik wird immer besser, warnen Expert:innen – und der Bereich Internetkriminalität kann dadurch noch größer werden.
„Wachstumsmarkt“ Cyberkriminalität
2022 sind die angezeigten Straftaten im Bereich Internetkriminalität um 30 Prozent auf mehr als 60.000 gestiegen. Darunter fallen auch Sexualdelikte und Vermögensdelikte. Alleine bei Betrugsdelikten gibt es ein Plus von 23 Prozent auf mehr als 27.600 Fälle mit einem gesammelten Schaden von 700 Millionen Euro – wobei die Dunkelziffer noch weit höher sein dürfte. „Mit ein Grund für den rapiden Anstieg ist der stetige technologische Fortschritt. Zudem agieren die Täter häufig aus dem Ausland, was die Rückverfolgbarkeit der Straftaten sowie den Zugriff auf die Täter und auf das entwendete Vermögen erschwert“, so Manuel Scherscher, Leiter der Abteilung für Wirtschaftskriminalität und Betrug im Bundeskriminalamt (BKA).
Wissen über KI noch begrenzt
Sollte der Einsatz von KI für kriminelle Zwecke wirklich mehr werden, hat Österreichs Gesellschaft auf jeden Fall ein Problem, wie eine aktuelle Umfrage des Fachbereichs Eigentumsschutz im KFV zeigt: Nur knapp 10 Prozent der Befragten gaben an, ein umfassendes Wissen über KI zu besitzen, 52 Prozent verfügen nur über ein Basiswissen, 35 Prozent stufen ihr Verständnis als begrenzt ein, und 3 Prozent gaben an, überhaupt kein Wissen in dem Bereich zu haben. Diese Wissenslücke macht es leichter, Cyberkriminalität zum Opfer zu fallen. Die Expert:innen der PK pochten auf bessere Bewusstseinsbildung der Bevölkerung, gerade bei älteren Menschen, und einen verstärkten Fokus auf digitale Kompetenz in den Schulen, um Wissen über die Chancen und Risken der Digitalisierung und von KI zu stärken. Denn auf der gesetzlichen Ebene muss noch viel nachgeschärft werden.
KI und das Gesetz
„Wer haftet für ein von KI-Systemen selbst erlerntes Fehlverhalten? Überhaupt niemand? Diejenigen, die KI-Dienstleistungen zur Verfügung stellen? Oder gar die Nutzer?“ Diese Frage stellte Armin Kaltenegger, Leiter des Bereichs Eigentumsschutz sowie des Bereichs Recht und Normen im KFV exemplarisch für die Probleme des Strafrechts, wenn es um KI geht. Denn hier muss es nicht mehr zwangsweise ein Mensch sein, der Programme erstellt oder verwendet, um anderen zu schaden. Durch lernende KI kann auch diese künstliche Intelligenz selbst Schaden verursachen. Kaltenegger argumentiert, dass der Einsatz von künstlicher Intelligenz auch unbewusst und ohne böse Absichten strafbar werden kann, zum Beispiel bei der Verletzung von Urheberrechten oder dem fahrlässigen Vertrauen in KI-gesteuerte Algorithmen. Das bedeutet, dass Nutzer:innen KI nicht unkritisch verwenden dürfen – weil sie für etwaige negative Folgen haften.
Die Frage, ob intelligente Computer sogar als Täter im strafrechtlichen Sinn angesehen werden könnten, wird von Kaltenegger hingegen verneint: „Aufbauend auf den Prinzipien westlicher Rechtssysteme wird das nicht möglich sein.“ Ob durch KI selbst erlernter und entwickelter Schaden den Betreiber:innen oder Nutzer:innen angerechnet werden kann, wird sehr stark von der Lernfähigkeit der Systeme und der Vorhersehbarkeit der Prozesse abhängen. Ein wichtiger Faktor wird auch sein, wie die Rechtsordnung darauf reagiert, schätzt der Experte.
Schöne neue KI-Welt?
Das Resümee der PK ist, dass die Gesellschaft wohl an der Schwelle einer neuen Zeit steht. Noch können wir nur erahnen, wie KI unser Leben beeinflussen wird – im Positiven wie im Negativen. Phänomene wie Deepfakes sind jetzt bereits ein Ärgernis, doch durch die weitere Verbreitung und Verbesserung der Technik werden sie häufiger werden. Prävention und ein Bewusstsein für die Risken sind unbedingt notwendig. Doch auch eine Adaptierung der Gesetze, wie etwa die EU durch den AI Act, sind wichtig, damit die schöne neue KI-Welt kein rechtsfreier Raum wird.