Wer ist wer im COFAG-U-Ausschuss: Die Auskunftspersonen
Worum geht es im COFAG-U-Ausschuss, wer hat wen geladen, und warum sind diese Personen für die Aufklärung wichtig? Ein Überblick, der laufend ergänzt wird.
Hat es zwischen Dezember 2017 und November 2023 eine „Zweiklassenverwaltung“ zugunsten ÖVP-naher Milliardäre gegeben? Das ist grob gesagt die zentrale Frage, der an den sechs Befragungstagen des „Untersuchungsausschusses betreffend Zwei-Klassen-Verwaltung wegen Bevorzugung von Milliardären durch ÖVP-Regierungsmitglieder“ nachgegangen werden soll. Die auf Verlangen von SPÖ und FPÖ eingesetzte parlamentarische Befragung soll mögliche Missstände in der Verwaltung, insbesondere bei der Auszahlung von Hilfsgeldern durch die COFAG, die COVID-19-Finanzierungsagentur des Bundes GmbH, aufdecken. Neben den Corona-Hilfen soll auch durchleuchtet werden, ob Personen mit ÖVP-Nähe eine bevorzugte Behandlung zugutegekommen ist – etwa in Bezug auf Förderungen, Steuernachlässe, beschleunigte Verfahren oder Weitergabe von Informationen. Explizit erwähnt werden dabei Signa-Gründer René Benko, Manager Siegfried Wolf und KTM-Vorstandsvorsitzender Stefan Pierer.
Die Ladungsliste
Wer ist geladen, wer hat abgesagt, wer kommt: Die zentralen Informationsquellen der U-Ausschüsse sind die Auskunftspersonen. Die Ladungsliste für den COFAG-U-Ausschuss umfasst 31 Namen, der prominenteste ist zweifelsohne René Benko. Auch schon vor der Insolvenz der von ihm gegründeten Signa Holding war der umtriebige Investor einer breiten Öffentlichkeit bekannt. Benko ist für den 4. April geladen und hat auch zugesagt – was freilich noch keine Garantie für sein Erscheinen ist. Den Start macht aber:
Wolfgang Peschorn
Der Leiter der Finanzprokuratur ist die erste Auskunftsperson am ersten Befragungstag und dürfte der geneigten U-Ausschuss-Verfolgerin bereits bei früheren parlamentarischen Untersuchungen untergekommen sein. Einer breiteren Öffentlichkeit bekannt wurde Peschorn zudem in seiner kurzzeitigen Funktion als Innenminister in der Regierung unter Kanzlerin Brigitte Bierlein.
Peschorn wird als Auskunftsperson zu den Themen COFAG, Informationsweitergabe und Interventionen, Kooperationen staatsnaher Unternehmen sowie staatlicher Aufsicht geladen. Nicht zuletzt wegen seiner Rolle als Vertretung der Republik in den Insolvenzverfahren um Kika/Leiner und die Signa Holding ist Peschorn eine Schlüsselfigur in diesem U-Ausschuss.
Erika R.
Ebenfalls am ersten Befragungstag wird sich Erika R. den Fragen der Abgeordneten stellen. R. ist eine ehemalige leitende Mitarbeiterin im Finanzministerium. Ihre Beteiligung in verschiedenen Steuercausen macht sie zu einer wichtigen Informationsquelle. Besonders hervorzuheben ist ihre Rolle in der Steuercausa von Siegfried Wolf, bei der es um nicht vorschriftsmäßig versteuerte Einnahmen und den Versuch, durch Interventionen aus dem Kabinett des Finanzministeriums die Steuerlast zu senken, ging.
An Tag zwei des COFAG-U-Ausschusses werden weitere aktive bzw. ehemalige Finanz-Mitarbeiter befragt.
Werner L.
Werner L. hat eine lange Karriere in der Finanzverwaltung hinter sich, unter anderem war er Vorstand des Finanzamtes Wien 1/23 und Leiter der Dienststelle 1/23 des Finanzamtes Österreich. Er wird unter anderem geladen, weil er bei der Sitzverlegung der Signa Holding im Jahr 2018 von Wien nach Innsbruck Zweifel geäußert und bei der Prüfung eine sehr viel höhere Bemessungsgrundlage festgesetzt hat. L. wurde in dieser Causa auch durch die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft einvernommen, was seine zentrale Rolle für den U-Ausschuss untermauert.
Erich L.
Ebenfalls noch am Vormittag des zweiten Tages ist eine weitere Schlüsselfigur geladen. Erich L. ist ein erfahrener Prüfer am Finanzamt für Großbetriebe. Seine Karriere in der Finanzverwaltung erstreckt sich über 30 Jahre, in denen er sich sowohl durch seine fachliche Kompetenz als auch durch seine Beteiligung in politisch sensiblen Fällen einen Namen gemacht hat. L. war bereits Auskunftsperson im Untersuchungsausschuss zur ÖVP-Korruption. Dabei trat er aufgrund der unrechtmäßigen strafrechtlichen Verfolgung wegen der Veröffentlichung steuerlicher Daten eines ÖVP-Spenders in Erscheinung. Besonders interessant dürfte L.s spezielles Wissen über Steuerverfahren werden, die René Benko und seine Unternehmen betreffen.
Marc Schimpel
Dritte Auskunftsperson an diesem Tag ist Marc Schimpel. Er war das grüne Pendant zum ÖVP-nahen Bernhard Perner, mit dem er gemeinsam die COFAG als Geschäftsführer geleitet hat. Dabei war Schimpel laut Aussagen im ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss vor allem für „interne Operations“ und die Prüfung größerer Anträge verantwortlich. Seine Ladung als Auskunftsperson zu den Beweisthemen rund um die COFAG zielt darauf ab, verschiedene Aspekte seiner Tätigkeit zu beleuchten, darunter die Ordnungsmäßigkeit seiner eigenen Besetzung, die Frage nach potenzieller Überförderung von Unternehmen, seinen persönlichen Einsatz für einzelne Antragsteller in Verbindung mit dem Kabinett Kogler, die Intervention bzw. Antragsberechtigung von Benko für die Auszahlung von Corona- Hilfen sowie die Abwicklung der COFAG und die Rückforderungen von Fördermitteln.
So könnte es weitergehen
Weitere prominente Namen auf der Ladungsliste des COFAG-U-Ausschusses sind etwa Ex-SPÖ-Kanzler Alfred Gusenbauer (er war Aufsichtsratsvorsitzender und Beirat in verschiedenen Signa-Gesellschaften), Ex-FPÖ-Vizekanzlerin Susanne Riess-Hahn (ebenfalls im Signa-Aufsichtsrat), der Innsbrucker Bürgermeister Georg Willi, der Insolvenzverwalter der Signa Holding, Christoph Stapf, sowie sein Stellvertreter Michael Neuhauser oder der Geschäftsführer der Bundesimmobilienagentur, Hans-Peter Weiss.
Zweite Befragungswoche
Die zweite Befragungswoche startet mit den Befragungen mehrerer Finanzbeamter des Finanzamts Innsbruck. Die Auskunftspersonen waren teilweise mit Prüffällen im Bereich der Signa-Gruppe betraut.
Paul D.
Der hohe Bedienstete aus der Innsbrucker Finanzverwaltung hat jahrzehntelange Erfahrung in der Großbetriebsprüfung. Dabei war D. auch zuständig für die Steuerprüfungen mehrerer Firmen mit Bezug zu René Benko. Darunter neben der Laura Privatstiftung etwa auch Benkos Luxus-Hotel Chalet N in Lech am Arlberg, das im Zentrum der Befragung stehen wird. Von D. erwarten sich die Abgeordneten tiefere Einblicke in die Abläufe der Steuerprüfungen.
Bruno K.
Der Fachvorstand am Finanzamt Innsbruck ist seit rund 30 Jahren in der Finanzverwaltung tätig. Er war bereits 2022 als Auskunftsperson im ÖVP-Korruptions-U-Ausschuss geladen. K. soll vor allem zur Verlegung der Zuständigkeiten für die Signa Holding vom Finanzamt Wien nach Innsbruck befragt werden, bei der er eine maßgebliche Rolle spielte. Geklärt werden soll, ob es für Benko eine Sonderbehandlung am Finanzamt seiner Heimatstadt gegeben hat.
Matthias J.
Gleich im Anschluss ist der Vorstand des Finanzamts Innsbruck geladen. J. war mit der Steuercaus Signa befasst. Auch er wurde bereits im ÖVP-Korruptions-U-Ausschuss befragt – damals zeigte sich der Finanzvorstand nicht sehr auskunftsfreudig und verwies bei inhaltlichen Fragen auf seinen Fachvorstand Bruno K.
Die erste Auskunftsperson am Donnerstag hätte René Benko sein sollen, er hat aber am Abend des Vortags abgesagt. Die Befragungen starten daher mit einem ehemaligen (Kurzzeit-)Finanzminister.
Eduard Müller
Der Vorstandsdirektor der Finanzmarktaufsicht (FMA) war ab 2015 (und somit auch im Untersuchungszeitraum) Sektionsleiter im ÖVP-geführten Finanzministerium und später Finanzminister unter Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein.
Ein bereits in der ersten Woche befragter Finanzbeamter hatte im U-Ausschuss den Begriff „die Zwillinge“ im Zusammenhang mit Müller aufgebracht. So sollen er und Generalsekretär Thomas Schmid intern bekannt gewesen sein, weil die beiden wie eine „Eingreiftruppe“ agiert hätten. Demnach sollen Schmid und Müller Druck auf Finanzprüfer ausgeübt haben, die mit Steuerverfahren von ÖVP-nahen Reichen (genannt wurden neben Benko auch KTM-Chef Stefan Pierer und Investor Siegfried Wolf) betraut waren.
Da Wolf und Pierer bereits im ÖVP-Korruptions-U-Ausschuss Thema waren, soll Müller in erster Linie zu seinen Wahrnehmungen über Steuerangelegenheiten der Signa-Gruppe befragt werden.
Elisabeth K.
Als zweite Auskunftsperson ist am Nachmittag die mittlerweile pensionierte ehemalige Fachvorständin der Großbetriebsprüfung geladen. K. war mit der Steuercausa von Siegfried Wolf befasst, bei der es um eine Nachzahlung von 10,6 Millionen Euro ging – wovon dann allerdings nur 7 Millionen tatsächlich bezahlt werden mussten.
Dritte Befragungswoche
In der letzten regulären Befragungswoche dieses U-Ausschusses dürfte es vermehrt um die Abwicklung der Coronahilfen durch die Covid-19-Finanzierungsagentur (COFAG) gehen. Zuvor standen eher die Unternehmungen von Signa-Gründer René Benko im Fokus.
Benko selbst hat nun nach dreimaliger Absage sein Kommen für den Ersatztag am 22. Mai „verbindlich zugesagt“, wie es in einem Schreiben seines Anwalts heißt. Seine vorherigen Absagen waren nicht die einzigen: Auch etwa der frühere Bundeskanzler und Signa-Aufsichtsratschef Alfred Gusenbauer und der Unternehmer Siegfried Wolf hatten zuvor ihr Erscheinen abgesagt.
Magnus Brunner
Der Befragungstag am Mittwoch startet mit Finanzminister Magnus Brunner. Um seine Ladung ist unter den Fraktionen lange diskutiert worden, letztlich hat es dann doch eine Ladung und eine Zusage gegeben. Brunner ist seit Dezember 2021 Finanzminister – die COFAG bestand also bereits rund zwei Jahre vor seinem Amtsantritt –, seitdem fallen die Auszahlung und die Aufarbeitung der Coronahilfen in seinen Wirkungsbereich. Zudem will Brunner die Abwicklung der COFAG im Sommer beginnen, die Förderstelle soll bis Jahresende aufgelöst werden.
Gernot Blümel
Die zweite Auskunftsperson ist Brunners direkter Vorgänger. Blümel war von Jänner 2020 bis Dezember 2021 Finanzminister, die Gründung der COFAG fällt in seine Amtszeit. Der Fokus der Befragungen wird daher auch klar auf diesem Zeitraum, den Umständen der Gründung und der Bestellung der beiden COFAG-Geschäftsführer liegen.
Werner Kogler
Der Vizekanzler ist als dritte Auskunftsperson am Nachmittag geladen. Er ist seit Jänner 2020 im Amt, die COFAG-Gründung fällt somit auch in seine Amtszeit. Die Befragung wird sich somit auch bei Kogler hauptsächlich um die Hintergründe der Errichtung und die Postenvergabe der Geschäftsführung der COFAG drehen.
Alfred L.
Der letzte reguläre Befragungstag am Donnerstag startet mit dem Betriebswirt Alfred L. Der Spitzenbeamte arbeitet seit 1983 im Finanzministerium und war bereits öfters Auskunftsperson in U-Ausschüssen. Für die aktuelle parlamentarische Befragung ist insbesondere seine Funktion als Aufsichtsrat der COFAG interessant.
Ulrich Zafoschnig
Die zweite Auskunftsperson ist der Kärntner Jurist und ehemalige ÖVP-Landesrat Ulrich Zafoschnig. Seit Juni 2022 ist er Geschäftsführer der COFAG. Er hat dort die Nachfolge von Bernhard Perner angetreten, dessen Gehalt und Rolle bei der Förderstelle bereits im ÖVP-Korruptionsuntersuchungsausschuss Thema waren. Die Befragung wird sich um die Bestellung Zafoschnigs zum Geschäftsführer sowie um die geplante Abwicklung der COFAG drehen.
Aufgrund der Zusage von René Benko werden die Abgeordneten auch den Reservetag am 22. Mai in Anspruch nehmen.