Wo ist das Geld für die Kinderbetreuungsgarantie?
Das Ziel dürften wohl fast alle Bürger:innen erstrebenswert finden – bis 2030 sollen die Qualität und vor allem das Angebot für Kinderbetreuung vor dem Kindergarten massiv ausgebaut werden, das zumindest kündigte Bundeskanzler und ÖVP-Chef Karl Nehammer im ORF-Sommergespräch an: Bis 2030 sollten 4,5 Milliarden Euro investiert werden, eine Zahl, die das Wirtschaftsforschungsinstitut EcoAustria in einer Studie auch als Kostenrahmen bestätigt. Doch diese Studie zeigt auch, dass die konkreten Ausgaben pro Jahr höher sein werden als das, was die Bundesregierung exemplarisch für das nächste Jahr an Mitteln verspricht. War Nehammers vollmundige Ansage nur ein PR-Gag? Ein Blick auf die Zahlen.
Zwischen Ankündigungen und Umsetzung liegt die Realität. Wie viel muss investiert werden, damit eine Erneuerung überhaupt erreicht werden kann, und wie viel muss dann jährlich zum Erhalt des neu etablierten Status quo eigentlich aufgewendet werden? Oft ist im politischen Tagesgeschäft von großen Geldbeträgen die Rede, die in Verbesserungen investiert werden sollen, aber die nachfolgenden Mehrkosten werden nicht weiter erwähnt. Und es sieht ganz so aus, als ob das bei der angekündigten Kinderbetreuungsgarantie der Bundesregierung genauso sein wird.
Die Ankündigung …
Nach der in der Einleitung bereits erwähnten ersten Ankündigung des Bundeskanzlers heuer im Sommer legte die Bundesregierung im Ministerrat am 29. November nach. Bis 2030 sollen jährlich 500 Millionen Euro zusätzlich aufgewendet werden, um den Ausbau von Kinderbetreuungsplätzen zu beschleunigen – die Bundesländer und Gemeinden bräuchten Garantien für die Finanzierung, sonst würden keine neuen Projekte geplant und beschlossen werden, betonte Nehammer.
Dieses Geld wurde im kürzlich abgeschlossenen Finanzausgleich mit den Bundesländern beschlossen. Das Ziel: Jedes Land hat am Ende der Finanzausgleichsperiode – also inklusive 2027 – bei den unter Dreijährigen entweder eine Betreuungsquote (unter Berücksichtigung der Betreuung durch Tageseltern) von 38 Prozent zu erreichen oder die eigene Quote um mindestens einen Prozentpunkt pro Jahr zu erhöhen. Das alternative Ziel gibt es, weil es bei manchen Ländern mit besonders großem Aufholbedarf unrealistisch wäre, innerhalb der kommenden fünf Jahre schon die 38 Prozent zu erreichen. Andere wie Wien und das Burgenland haben die Quote jetzt schon erfüllt und können die Mittel daher frei verwenden.
Neu ist ein Kinderbetreuungsmonitor, der erstmals im März erscheinen soll. Mit diesem sollen – auf Regionen heruntergebrochen – Fortschritte sowie bestehende Versorgungslücken besser eruiert und die Mittel bedarfsgerecht eingesetzt werden können. Der Bericht soll danach jährlich im Herbst auf Basis der aktuellsten Daten der Statistik Austria erscheinen, die das Projekt auch umsetzt.
… und wie viel es wirklich kosten würde
So viel zu dem, was die Bundesregierung verspricht beziehungsweise mit den Bundesländern vereinbart hat. Die Frage ist allerdings: Reicht das Geld, das jetzt versprochen wurde, um die Ziele zu erreichen und das Level dann zu halten?
Was den Aufwand für den Ausbau angeht, so stimmt die Studie von EcoAustria mit der Analyse der Bundesregierung überein. 4,5 Milliarden Euro sind bis 2030 notwendig, wenn folgende vier Ziele erreicht werden sollen:
- Bedarfsorientierter Ausbau bei 0- bis unter 1-Jährigen.
- Verdoppelung der Besuchsquote bei 1- bis unter 2-Jährigen.
- Betreuungsgarantie bei etwa 2- bis unter 3-Jährigen
- Ausweitung der VIF-konformen Betreuung bei 3- bis 5-Jährigen
Allerdings ergibt die EcoAustria-Studie, dass gerade in den ersten Jahren mehr Geld benötigt werden wird, um den Platz zu schaffen und auch entsprechend mehr gut ausgebildetes Personal zu finden. Insgesamt werden bis 2030 durch mehr Kinder, die betreut werden sollen, und durch den Bedarf für entsprechend mehr Assistenzpersonal 13.600 bis 16.000 neue Mitarbeiter:innen im Betreuungsbereich gebraucht werden – die noch gefunden werden müssen.
Reicht also das Geld, das die Bundesregierung bis 2027 angekündigt hat? Offenbar nicht. Entweder muss nach dem Ende der Finanzausgleichsperiode 2027 erheblich mehr Geld investiert werden, wenn die Bundesregierung, die dann an der Macht ist, die Ziele erreichen will. Oder die Ziele werden unauffällig zu Grabe getragen und die bisherigen Verbesserungen werden als großer Wurf gefeiert. Zukunftsorientierte, faktenbasierte und ehrliche Politik sieht auf jeden Fall anders aus.