Türkises Bremsen: U-Ausschüsse nun doch nicht live übertragen
Nach Jahren der Diskussion schien im Vorfeld der zwei aktuellen Untersuchungsausschüsse endlich die Möglichkeit da zu sein, dass es eine öffentliche Übertragung der Sitzungen geben könnte. Die ÖVP, die eine solche immer blockierte, signalisierte im Herbst 2023 erstmals Gesprächsbereitschaft. Doch jetzt, knapp vor dem Beginn der Befragung von Auskunftspersonen steht es fest: Das angebliche Umdenken der Volkspartei war ein reines Lippenbekenntnis – zum Schaden des Parlaments.
„Die Botschaft hör’ ich wohl, allein mir fehlt der Glaube.“ Goethes Faust könnte so auch ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker im November 2023 kommentiert haben. Dort kündigte Stocker an, dass die ÖVP plötzlich doch der Übertragung von U-Ausschüssen zustimmen könnte. Die Volkspartei blockierte eine solche Live-Veröffentlichung der parlamentarischen Aufklärungsarbeit bisher, indem sie sie an eine Gesamtreform der Geschäftsordnung für U-Ausschüsse koppelte.
Zwar war der damalige Vorstoß wohl vor allem ein Versuch, von den Vorwürfen gegen die Partei abzulenken, die in einer Tonbandaufnahme des verstorbenen Justiz-Sektionschefs Pilnacek vorkamen. Doch zumindest kam damit – so konnte man hoffen – endlich Bewegung in die Sache. Schließlich hatte der ÖVP-Generalsekretär die notwendige Änderung der Geschäftsordnung noch vor den zwei U-Ausschüssen als „durchaus erreichbar“ bezeichnet.
Verzögerte Verhandlungen
Stocker kündigte an, dass man die anderen Parteien zu Gesprächen für die Reform einladen wollen würde. Doch schnell geschah das nicht, erste Arbeitsgespräche starteten zaghaft: „Bis aus dieser Ankündigung ernsthafte Verhandlungen im Parlament entstanden waren, verging wichtige Zeit, die für die Klärung offener Fragen hätte genutzt werden können“, kritisiert Yannick Shetty, NEOS-Fraktionsvorsitzender in den aktuellen U-Ausschüssen.
Vor allem die Frage der Wahrung von Persönlichkeitsrechten, also welche Auskunftsperson überhaupt gezeigt werden dürfte, wird bis jetzt von der ÖVP breitgetreten, um einen Beschluss zu torpedieren – oder zumindest für die nun startenden U-Ausschüsse zu verunmöglichen. So sollen nun auch noch Expert:innen-Hearings über offene Fragen rund um die Live-Übertragung abgehalten werden. „Die Verzögerungstaktik der ÖVP hat nun ihre Wirkung gezeigt. Der nun vereinbarte Abstimmungsprozess auf Fachebene wird sich noch einige Wochen hinziehen“, erklärt Shetty.
Schwarz-Grün spielt auf Zeit
Davon, dass ein Beschluss vor Beginn der zwei aktuellen U-Ausschüsse „durchaus erreichbar“ wäre, haben sich ÖVP und Grüne also schon klammheimlich verabschiedet. Nach außen hin betont man aber immer noch die Bemühung für eine Reform – wenn sie auch länger dauern sollte.
Das wurde im Zuge der Nationalratsdebatte Ende Februar 2024 über ein Volksbegehren für die Übertragung des U-Ausschusses deutlich. Das Volksbegehren, das von 102.755 Bürger:innen unterstützt wurde, verlangt, dass es „im Sinne der Transparenz“ der Bevölkerung ermöglicht werden muss, „zumindest medienöffentliche Sitzungen mittels Direktübertragung in Bild und Ton zu verfolgen“, sofern es sich um Auskunftspersonen des öffentlichen Interesses handle.
Bei der verpflichtenden Debatte im Parlament betonte der Fraktionsführer in den U-Ausschüssen der ÖVP, Andreas Hanger, allerdings vor allem die Probleme, die es geben würde. Es brauche eine „saubere Legistik“ vor allem hinsichtlich der heiklen Frage der Persönlichkeitsrechte der Befragten – obwohl eben das auch im Text des Volksbegehrens berücksichtigt wird. Ob die ÖVP sich zumindest für zukünftige U-Ausschüsse zu einer Live-Übertragung durchringen kann, ist also noch völlig offen. Für die aktuellen hat sie diesen Schritt für mehr Transparenz jedenfalls blockiert. Ohne Widerstand des grünen Koalitionspartners.